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Deutsch-Türkische Annäherung in Krisenzeiten

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Deutsch-Türkische Annäherung in Krisenzeiten

Außenminister Johann Wadephul hat bei seinem Antrittsbesuch in Ankara die strategische Bedeutung der Türkei für Deutschland in internationalen Krisen hervorgehoben. Im Fokus der Gespräche standen die Lage in Gaza, der Krieg in der Ukraine sowie die Beziehungen zwischen der EU und der Türkei.

Wichtigste Punkte

  • Wadephul lobte die Türkei für ihre Vermittlungsbemühungen im Gazakonflikt und ihren Einfluss auf die Hamas.
  • Beide Außenminister betonten die Notwendigkeit einer Zwei-Staaten-Lösung für den Nahostkonflikt und den Wiederaufbau des Gazastreifens.
  • Die Türkei genießt im Ukraine-Krieg das Vertrauen beider Parteien und ermöglichte bereits Gipfeltreffen in Istanbul.
  • Wadephul signalisierte Bereitschaft zu Fortschritten in den Beziehungen zwischen der EU und der Türkei, einschließlich einer Aktualisierung der Zollunion und Visaliberalisierung.
  • Im Gegensatz zu seiner Vorgängerin vermied Wadephul direkte Kritik an der Menschenrechtslage in der Türkei.
  • Bundeskanzler Friedrich Merz plant noch im Oktober einen Besuch in der Türkei.

Hintergrund

Der Besuch von Außenminister Wadephul in der Türkei findet vor dem Hintergrund komplexer internationaler Herausforderungen statt. Der Konflikt zwischen Israel und Hamas, der Krieg in der Ukraine und die stockenden Beziehungen zwischen der EU und der Türkei prägen die aktuelle politische Landschaft. Die Türkei spielt in allen drei Bereichen eine wichtige Rolle. Sie unterhält Kontakte zu Akteuren, die für Deutschland schwer erreichbar sind, und positioniert sich als Vermittler zwischen den Konfliktparteien. Gleichzeitig ist die Türkei ein wichtiger Partner innerhalb der NATO, und die wirtschaftliche Zusammenarbeit mit Deutschland ist von großer Bedeutung. Die deutsche Regierung versucht, einen pragmatischen Ansatz zu verfolgen, der sowohl die strategischen Interessen als auch die Werte der Europäischen Union berücksichtigt.

Zahlen & Fakten

  • Johann Wadephul: Deutscher Außenminister (CDU).
  • Hakan Fidan: Türkischer Außenminister.
  • Gaza: Konfliktregion im Nahen Osten, beherrscht von der Hamas.
  • Ukraine: Kriegsschauplatz seit der russischen Invasion.
  • Ekrem Imamoglu: Abgesetzter Istanbuler Bürgermeister und Oppositionsführer, seit sieben Monaten in Haft.
  • Friedrich Merz: Deutscher Bundeskanzler, plant einen Besuch in der Türkei.
  • Die Türkei hat den US-Friedensplan unterstützt.

Einordnung

Der Antrittsbesuch von Außenminister Wadephul in der Türkei kann als Signal der Annäherung und des Dialogs interpretiert werden. Indem er auf direkte Kritik an der Menschenrechtslage verzichtet und stattdessen die strategische Bedeutung der Türkei hervorhebt, verfolgt Wadephul einen pragmatischen Ansatz. Dies könnte darauf abzielen, die Zusammenarbeit in internationalen Krisen zu stärken und die Beziehungen zwischen der EU und der Türkei wiederzubeleben. Insbesondere die Bereitschaft zu einer Aktualisierung der Zollunion und Visaliberalisierung könnte positive Impulse für die wirtschaftliche und politische Zusammenarbeit setzen. Allerdings birgt der Verzicht auf öffentliche Kritik auch das Risiko, die Menschenrechtslage in der Türkei zu legitimieren. Die Opposition in der Türkei und Menschenrechtsorganisationen könnten den Besuch als Zeichen der Schwäche interpretieren.

Ausblick

Der geplante Besuch von Bundeskanzler Friedrich Merz in der Türkei im Oktober könnte die deutsch-türkischen Beziehungen weiter festigen. Es bleibt abzuwarten, ob Merz ähnliche Signale der Annäherung senden wird wie Wadephul. Entscheidend wird sein, ob die Gespräche zu konkreten Ergebnissen führen, insbesondere in Bezug auf die Zusammenarbeit im Gazakonflikt, die Vermittlungsbemühungen im Ukraine-Krieg und die Beziehungen zwischen der EU und der Türkei. Auch die Frage der Menschenrechtslage in der Türkei dürfte weiterhin eine Rolle spielen, auch wenn sie nicht öffentlich thematisiert wird. Ob die Türkei bereit ist, Zugeständnisse in diesem Bereich zu machen, wird sich in den kommenden Monaten zeigen. Die angekündigten Gespräche zwischen US-Präsident Trump und Wladimir Putin könnten die Dynamik im Ukraine-Krieg verändern und die Rolle der Türkei als Vermittler beeinflussen.

Quelle: https://www.tagesschau.de/ausland/europa/wadephul-tuerkei-100.html